3.1 Bauplanungsrecht (BauGB und BauNVO)

Verwaltungsgerichtsbarkeit

Bundesverwaltungsgericht

Pflicht einer Gemeinde zur Hinnahme der Wertung des zuständigen Bundesgesetzgebers bezüglich der Gewerbefreiheit für Spielhallen unter gleichzeitiger Aufstellung bestimmter Anforderungen etwa in § 33i GewO; Unzulässigkeit eines allgemeinen Ausschlusses von Spielhallen im Gemeindegebiet als Ausdruck einer eigenen, von der Wertung des Bundesgesetzgebers abweichenden „Spielhallenpolitik“; Anforderungen an „besondere städtebauliche Gründe“ im Sinne des § 1 Abs. 9 BauNVO.

Unerheblichkeit der Einordnung als kerngebietstypisch oder als nicht kerngebietstypisch für die Zulassung einer Vergnügungsstätte nach § 8 BauNVO in der Neufassung von 1990 (anders noch in den Fassungen von 1962, 1968 und 1977); Herausnahme der Vergnügungsstätten aus dem allgemeinen Begriff der Gewerbebetriebe und Erfassung als eigene Nutzungsart; kein Rechtsanspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung aus § 8 Abs. 3 Nr. 3 BauNVO, aber Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über den Bauantrag.

Einstufung einer Spielhalle als kerngebietstypisch abhängig von den Umständen des Einzelfalles; Beurteilung anhand der tatsächlichen örtlichen Situation; „Schwellenwert“ von 100 m2 als wesentlicher Anhaltspunkt; zulässige Heranziehung anderer Kriterien.

Abstellen auf die in der Baunutzungsverordnung ausdrücklich genannten Nutzungsarten bei der Bestimmung des für die Anwendung des § 34 Abs. 1 BauGB maßgeblichen Rahmens; Einfügen einer Vergnügungsstätte in die nähere Umgebung im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB nur, wenn sie die gegebene Situation nicht negativ „in Bewegung bringt“.

Einzelfallabhängiges Maß der gebotenen Rücksichtnahme nach § 15 Abs. 1 BauNVO; Abwägung der Schutzwürdigkeit des Betroffenen, der Intensität der Beeinträchtigung, der Interessen des Bauherrn und dessen, was beiden Seiten billigerweise zumutbar oder unzumutbar ist; je vom Einzelfall abhängig kann § 15 Abs. 1 BauNVO auch dem Wohnungseigentümer in einem reinen Wohngebiet Schutz gegen Spielhallen gewähren, die sich unmittelbar hinter der Grenze des Wohngebiets ansiedeln (vorliegend verneint); Erfassung und Bewertung eines trading-down-Effekts als Teil der den Tatsachengerichten obliegenden Sachverhaltsermittlung.

Oberverwaltungsgerichte / Verwaltungsgerichtshöfe

Unwirksamkeit eines Bebauungsplans, welcher die Anzahl der zulässigen Gebäude auf einem Grundstück unmittelbar von der Grundstücksgröße abhängig macht, wegen Verstoßes gegen den bauplanungsrechtlichen Typenzwang.

Ausnahmsweise Zulassung von Spielhallen aufgrund eines einfachen Bebauungsplans ohne Festsetzung eines Gebietscharakters; Ermessensentscheidung der Bauaufsichtsbehörde unter Anwendung geeigneter Kriterien (u.a. weitere Spielhallen im Plangebiet, „trading-down-Effekt“ bei Zulassung weiterer Spielhallen, Erfüllung der Stellplatzpflicht ohne Ablösung).

Keine allgemeine Zulässigkeit einer kerngebietstypischen Vergnügungsstätte (hier: 5 Spielhallen mit einer Gesamtfläche von ca. 643 m2) als sonstiger Gewerbebetrieb in einem Gewerbegebiet nach § 8 BauNVO 1968; kein Spielraum für eine Einzelfallbetrachtung bei einer deutlichen Überschreitung des „Schwellenwerts“ (ca. 100 m2) der obergerichtlichen Rechtsprechung; keine Berührung der Grundzüge der Planung im Sinne von § 31 Abs. 2 BauGB durch Zulassung einer kerngebietstypischen Vergnügungsstätte im Wege einer Befreiung in einem durch überregional tätige Gewerbebetriebe geprägten und an überregionale Verbindungsstraßen angeschlossenen Gewerbegebiet nach § 8 BauNVO 1968.

Fallbezogene Gesamtbewertung aus der Sicht der potenziellen Kundschaft und sonstiger Dritter, ob die jeweils konkrete Mehrheit von Spielhallen vom Kunden als einheitliche Vergnügungsstätte empfunden wird, aus dessen Sicht als durch ein gemeinsames Konzept und durch Kooperation miteinander verbunden in Erscheinung tritt und dadurch „kerngebietstypisch“ gesteigerte Anziehungskraft auf die Spieler ausübt.

Kein Recht des einzelnen Wohnungseigentümers, aufgrund seines ideellen Anteils am gemeinschaftlichen Eigentum Abwehransprüche gegen ein Bauvorhaben auf dem Nachbargrundstück (hier: einer Spielhalle) mit der Begründung geltend zu machen, dieses Vorhaben beeinträchtige das Gemeinschaftseigentum; Geltendmachung baurechtlicher Nachbarrechte aus eigenem Recht nach § 13 Abs. 1 Halbs. 1 WEG wegen konkreter Beeinträchtigung des Sondereigentums; kein von konkreten Beeinträchtigungen unabhängiger Anspruch eines Nachbarn, dessen Grundstück nicht im Plangebiet oder im faktischen Baugebiet liegt, auf Schutz vor gebietsfremden Nutzungen im Plangebiet oder faktischen Baugebiet (kein „gebietsübergreifender Gebietserhaltungsanspruch“).

Zusammenführung von als selbstständige, für sich genommen mischgebietsverträgliche Betriebe genehmigten Spielhallen zu einer einheitlichen kerngebietstypischen Vergnügungsstätte als relevante Änderung bzw. Nutzungsänderung einer baulichen Anlage i.S.d. § 29 Abs. 1 BauGB; bauliche und betrieblich-funktionale Gesichtspunkte für die Bewertung eines aus drei gewerberechtlich selbstständigen Spielhallen bestehenden Gebäudekomplexes als eine einheitliche Vergnügungsstätte im Sinne der Baunutzungsverordnung; Fehlen einer Nutzungsart „Vergnügungszentrum“ mit eigenständigen Voraussetzungen für deren Zulässigkeit in der Baunutzungsverordnung; Agglomeration betrieblich-funktional getrennter, für sich mischgebietsverträglicher Betriebe grundsätzlich keine kerngebietstypische Vergnügungsstätte; anders aber bei Erscheinung als Einheit nach der Verkehrsauffassung aus Sicht der Nutzer und dadurch bedingte kerngebietstypisch gesteigerte Anziehungskraft auf Spieler.

Ermessensreduzierung auf Null bei der ausnahmsweisen Zulassung einer Spielhalle in einem Gewerbegebiet nach § 8 Abs. 3 Nr. 3 BauNVO i.V.m. § 31 Abs. 1 BauGB, wenn keine städtebaulichen Gründe vorliegen, die einer Ausnahmeerteilung entgegenstehen; Unbeachtlichkeit der Größe einer Spielhalle über oder unter 100 m2 im Rahmen des § 8 BauNVO; bei der ersten Vergnügungsstätte in einem Gewerbegebiet und bei Fehlen städtebaulicher Gründe kann (noch) nicht von einem Widerspruch zur Eigenart des festgesetzten Gewerbegebiets gesprochen werden.

Zulässigkeit kerngebietstypischer Spielhallen in einem faktischen Gewerbegebiet mangels Differenzierung zwischen kerngebietstypischen und nicht kerngebietstypischen Vergnügungsstätten in § 8 Abs. 3 Nr. 3 BauNVO; Beurteilung des Vorliegens oder der Gefahr eines „trading-down-Effekts“ nicht allgemein und nicht nach quantitativen Faktoren, sondern nur mit Blick auf die Umstände des konkreten Einzelfalls möglich; Frage des „trading-down-Effekts“ erst bei einer Überschreitung des vorgegebenen Rahmens nach § 34 Abs. 1 BauGB, bei Vorhaben in Plangebieten nach § 1 Abs. 2 BauNVO oder nach § 34 Abs. 2 BauGB sowie bei der Bauleitplanung.

Keine Begründung eines bodenrechtlichen Abwehranspruchs oder Zulassungshindernisses aufgrund der hohen oder geringen sozialen Wertigkeit von Nutzungen (hier: mehrerer Spielhallen); anders aber bei der begründeten Besorgnis, dass vorhandene Nutzungen, die die nähere Umgebung in eine bestimmte Richtung prägen, abzuwandern drohen, oder dass das Nebeneinander schlechthin unverträglicher Nutzungen eine städtebauliche Konfliktlage schafft.

Vergnügungsstätte ist kerngebietstypisch als zentraler Dienstleistungsbetrieb mit größerem Einzugsbereich; Schwellenwert von 100 qm ist als Anhaltswert nach natürlicher Betrachtungsweise, nicht nach Vorgaben der SpielV zu berechnen; Zurechnung von Aufsichtsbereichen einer Spielhalle.

Zu den Anlagen der näheren Umgebung zählt auch eine bereits vorhandene und genehmigte bauliche Anlage (hier: Spielhalle), unabhängig davon, ob dies Teil des (Erweiterungs-)Vorhabens ist, ob als Bestand zu berücksichtigen ist. Bei einer Spielhalle mit einer Betriebsfläche von 125 qm, die in einem Wohngebiet mit einer Größenordnung von 15.000 Einwohnern liegt, kann davon ausgegangen werden, dass diese der Versorgung der näheren Umgebung dient und keinen darüber hinausgehenden, größeren Einzugsbereich hat. Bei einer Verdreifachung dieser Fläche und Aufstockung der Spielgeräte auf 23 ist dies nicht mehr der Fall.

Nutzungsuntersagung bei formeller Baurechtswidrigkeit eines langjährig geduldeten bordellähnlichen Betriebs. Zur Frage, ob eine „gewerbliche Zimmervermietung“ dem Begriff der Vergnügungsstätte gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO unterfällt oder ob es sich im Einzelfall um einen sonstigen, nicht störenden Gewerbebetrieb i.S.d. § 7 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO handelt.

Ob Bestandsschutz besteht, ist davon abhängig, ob der Bauschein nur eine aus städtebaulichen Gründen beschränkte Wohnnutzung zulässt, was wiederum davon abhängig ist, ob nach den damals einschlägigen Bestimmungen eine dem heutigen § 8 Abs 3 Nr 1 BauNVO entsprechende Regelung überhaupt existierte.

Die Verhinderung einer nach Einschätzung der Gemeinde städtebaulichen Fehlentwicklung des Einzelhandels in Bezug auf Standorte und Sortimente im Gesamtort sowie die Ansiedlung von Vergnügungsstätten und Spielhallen im konkreten Plangebiet sind legitime Ziele der Bauleitplanung.

Das Teilgebiet nach § 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO reicht nicht weiter als das Mischgebiet, in dem es sich befindet, und kann nicht durch Hinzuziehen angrenzender Gebiete ausgedehnt werden.

Die Annahme eines so genannten „Trading-Down-Effekts“ durch die Ansiedlung von Spielhallen als Gesichtspunkt für die Aufstellung eines Bebauungsplanes lässt sich plausibel begründen.

Ein „Trading-Down-Effekt“ durch die Verdrängung von kerngebietstypischen Nutzungen zu Gunsten einer Anhäufung von Spielhallen stellt eine städteplanerische Konfliktlage dar, der durch einen Bebauungsplan begegnet werden kann. Der Bebauungsplan kann bereits präventiv erlassen werden, um den „Trading-Down-Effekt“ zu verhindern.

Verwaltungsgerichte

Ausschluss von Vergnügungsstätten als mögliche, die Zulässigkeit von Vorhaben beschränkende Festsetzung nach § 9 Abs. 2a BauGB; „trading-down-Effekt“ durch die Ansiedlung von Vergnügungsstätten in einem zentralen Versorgungsbereich regelmäßig zu bejahen.

Fehlen des Sachbescheidungsinteresses als Zulässigkeitsvoraussetzung eines Bauantrags und eines Baugenehmigungsverfahrens bei Nutzlosigkeit einer Baugenehmigung für den Bauantragsteller; Nutzlosigkeit einer Baugenehmigung im Falle fehlender Genehmigungsfähigkeit eines Vorhabens mit mehreren Spielhallen und weiteren Einrichtungen aufgrund von § 25 Abs. 2 GlüStV in Verbindung mit Art. 9 Abs. 2 Satz 1 BayAGGlüStV; keine allgemeine Zulässigkeit kerngebietstypischer Vergnügungsstätten in einem Gewerbegebiet gemäß BauNVO 1977; Größe von etwa 100 m2 als Richtwert für die Qualifizierung einer Spielhalle als kerngebietstypisch; grundsätzlich kein Widerspruch einer kerngebietstypischen Vergnügungsstätte zu den Grundzügen der Planung, wenn das Gewerbegebiet gut an das öffentliche Straßennetz und an überregionale Verbindungsstraßen angebunden ist und Gewerbebetriebe mit überregionaler Ausrichtung überwiegen.

Zur bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit eines Wettbüros bei Änderung der Nutzung von einer Wettannahmestelle in ein Wettbüro als Vergnügungsstätte nach §§ 6, 7 BauNVO.

Ein Wettbüro ist in einem faktischen Kerngebiet (§ 7 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO) zulässig. Bei einer Häufung kann es aber unzulässig sein (§ 15 Abs. 1 S. 1 BauNVO), zum Beispiel, wenn die Vergnügungsstätten andere zulässige Hauptnutzungsarten verdrängen würden, dass die Charakterisierung als Kerngebiet letztlich entwertet würde (Entwicklung zu einem Vergnügungs[stätten]viertel).

Ein Wettbüro ist insbesondere eine Vergnügungsstätte, wenn Kunden animiert werden sollen, sich während Sportveranstaltungen dort länger aufzuhalten und während der Veranstaltung vor Ort zu wetten.

Eine räumlich funktionale Einheit zwischen einem Wettbüro und einem Café liegt vor, wenn die Ausgestaltung durch Liveübertragungen und Gastronomie darauf ausgelegt ist, den Kunden zum längeren Aufenthalt über die bloße Abgabe von Wetten hinaus zu animieren.

Nur die Möglichkeit zum Abschluss von Live-Wetten und die Anzeige entsprechender Quoten und Spielstände auf Monitoren in einer Wettvermittlungsstelle allein macht das Vorhaben noch nicht zu einer Vergnügungsstätte i.S.d. BauNVO. Gleichwohl bleibt anhand der Betriebsgestaltung festzustellen, ob der Betrieb auf ein Verweilen der Kunden und kommerzielle Unterhaltung abzielt.

Zur Binnendifferenzierung gemäß § 1 Abs. 9 BauNVO in einem Gewerbegebiet (hier: Konzentration von Spielhallen [als Unterart der Vergnügungsstätten] auf einen Teil des Plangebietes).

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